Schweinfurts Industrie verliert tausende Arbeitsplätze

Deutschland, 29.01.2025

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Automobilzulieferer kämpfen mit Technologiewandel und hohen Schulden. Region steht vor massivem Stellenabbau

Mit 18.970 Beschäftigten hängt mehr als ein Drittel aller Arbeitsplätze in Schweinfurt von den vier großen Automobilzulieferern ZF, Schaeffler, Bosch Rexroth und SKF ab. Nun haben alle Unternehmen umfangreiche Stellenstreichungen angekündigt. Der größte Arbeitgeber ZF, der allein 9.000 Menschen beschäftigt, plant bis 2028 deutschlandweit zwischen 11.000 und 14.000 Stellen abzubauen. Am Standort Schweinfurt spricht die Unternehmensleitung von einer Überkapazität von 650 Arbeitsplätzen. Die Gewerkschaft IG Metall rechnet mit dem Verlust von bis zu 2.000 Stellen bis zum Ende des Jahrzehnts.

Die Transformation zur E-Mobilität belastet die Zulieferer stark. Bei ZF kommen Schulden von 13,8 Milliarden Euro hinzu, die aus den Zukäufen des Autozulieferers TRW und des Bremsenspezialisten Wabco stammen. Die Produktion von E-Antrieben erfordert deutlich weniger Personal als die klassische Getriebefertigung – für einen E-Antrieb wird nur noch ein Mitarbeiter benötigt, wo früher 2,3 Beschäftigte für ein Getriebe arbeiteten. Trotz Investitionen von über 350 Millionen Euro in die Elektromobilität am Standort Schweinfurt kämpft das Unternehmen mit schwacher Nachfrage und strukturellen Herausforderungen.

Der schwedische Konzern SKF hat in den vergangenen zwei Jahren bereits 500 Arbeitsplätze gestrichen und plant den Abbau weiterer 400 Stellen bis Ende 2025. Das Unternehmen verlagert Teile seiner Produktion nach Polen und Bulgarien. Auch Schaeffler reagiert auf die schwierige Marktlage. Nach der Fusion mit Vitesco sollen am Standort Schweinfurt 500 der insgesamt 5.200 Stellen bis 2027 wegfallen. Parallel befinden sich 1.000 Beschäftigte in Kurzarbeit.

Die Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt warnt vor einer tiefgreifenden Krise der regionalen Wirtschaft. Ein Fünftel der Betriebe meldet eine unbefriedigende Geschäftslage, vor allem das Baugewerbe und die Industrie leiden unter mangelnden Aufträgen. Einzig das Dienstleistungsgewerbe wächst, da IT-Unternehmen in Digitalisierung, KI und Innovationen investieren müssen. Landrat Florian Töpper betont die Standortvorteile der Region wie die verkehrsgünstige Lage, die starke Bildungsinfrastruktur und das familienfreundliche Wohnumfeld. Zukunftsprojekte wie die Konversion der Conn-Barracks sollen neue wirtschaftliche Impulse setzen.

Die Arbeitslosenquote liegt derzeit unter dem bayerischen Durchschnitt. Dennoch warnen Arbeitnehmervertreter vor einem nachhaltigen Verlust von Wertschöpfung, der mit jedem verlorenen Industriearbeitsplatz auch nachgelagerte Branchen trifft. Die Unternehmen planen, die angekündigten Stellenstreichungen durch Vorruhestandsregelungen, Altersteilzeit und freiwillige Programme umzusetzen. Die Zukunft der traditionsreichen Industrieregion hängt nun maßgeblich vom Erfolg der Transformation ab.

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