Ölgiganten steuern zurück in fossile Gewässer

Deutschland, 07.08.2024

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Gewinnstreben übertrumpft grüne Versprechen – Deutsche Raffinerie ringt um Auslastung

In den Chefetagen von Shell und BP weht ein neuer Wind – oder besser gesagt: ein alter. Die europäischen Ölriesen, einst Vorreiter grüner Ambitionen, machen eine überraschende Kehrtwende. Statt Windräder und Solarzellen dominieren wieder Ölbohrtürme und Gasfelder die Konzernstrategien.

“Mehr Geld, mehr Freiheit” lautet die neue Devise von Shell-Chef Wael Sawan. Übersetzt heißt das: Schluss mit dem Klimagewissen, her mit den Petrodollars. Die einstigen Emissionsziele? Aufgeweicht oder gleich ganz gestrichen.

Auch BP-Boss Murray Auchincloss setzt lieber auf bewährte Pfade als auf grüne Experimente. Warum auch nicht? Die Gewinne sprudeln wie Öl aus einer frisch angezapften Quelle. Shell freut sich über 6,3 Milliarden Dollar Quartalsgewinn, BP immerhin über 2,8 Milliarden.

Die Gründe für diesen fossilen Rückwärtsgang sind vielfältig. Da wären die gestiegenen Ölpreise, die mageren Renditen bei erneuerbaren Energien und nicht zuletzt der Neid auf die amerikanische Konkurrenz. Exxon Mobil und Chevron, die nie vom Öl abließen, sahnen an der Börse kräftig ab.

Doch während die Konzernbosse jubeln, knirschen Klimaschützer mit den Zähnen. Die erhoffte Energiewende? Verschoben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Stattdessen wird munter weitergebohrt, als gäbe es kein Morgen.

Die Ölmultis rechtfertigen ihren Schritt mit anhaltend hoher Nachfrage. BP prognostiziert, dass selbst im Jahr 2035 täglich 80 Millionen Fass Öl gebraucht werden – und das im besten Fall einer klimaneutralen Welt. 

Während die Giganten ihre Tanker wenden, kämpfen kleinere Akteure ums Überleben. Die PCK-Raffinerie in Schwedt beispielsweise taumelt seit dem Verzicht auf russisches Öl. Mit einer Auslastung von nur 76,2 Prozent im ersten Halbjahr 2024 ist sie weit entfernt von einstiger Hochform.

Kasachisches Öl soll es nun richten. Doch ob 615.000 Tonnen in sechs Monaten reichen, um die Raffinerie auf Touren zu bringen, bleibt fraglich.

Die Rückkehr zum Öl wirft unbequeme Fragen auf. Waren die grünen Versprechen nur ein PR-Gag? Oder haben die Konzerne schlicht kalte Füße bekommen angesichts der Herausforderungen der Energiewende?

Fest steht: Der Klimaschutz hat einen schweren Schlag erlitten. Die erhofften Verbündeten in Form der Ölmultis sind abgesprungen. Stattdessen heißt es nun: Volle Kraft voraus – in Richtung Vergangenheit.

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