Europäische Bauern mobilisieren gegen EU-Mercosur-Abkommen

Europa, 03.12.2024

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Proteste in Deutschland und Frankreich – Polen wechselt ins Lager der Kritiker – Kompensationsfonds soll Landwirte besänftigen

Mehr als 200 Landwirte blockierten am Montag mit 80 Traktoren die Zufahrten zur Barockkirche in St. Peter im Schwarzwald. Zeitgleich sperrten etwa 150 deutsche und französische Bauern die Europabrücke zwischen Kehl und Straßburg. In Dresden übergaben Landwirtschaftsverbände dem sächsischen Regionalentwicklungsminister Thomas Schmidt einen Protestbrief gegen das geplante EU-Mercosur-Freihandelsabkommen.

Die Demonstrationen richten sich gegen den drohenden Abschluss des Handelsvertrags zwischen der EU und den südamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Das Abkommen würde eine Freihandelszone mit über 700 Millionen Einwohnern schaffen. Das aktuelle Handelsvolumen von 88 Milliarden Euro könnte laut EU-Prognosen durch den Abbau von Zöllen um bis zu 30 Prozent steigen.

Die Landwirte befürchten existenzbedrohende Wettbewerbsnachteile. Das in Deutschland seit 1991 verbotene Pestizid Atrazin ist in den Mercosur-Staaten weiterhin erlaubt. Die europäischen Bauern müssen zudem strenge Umwelt- und Tierschutzauflagen einhalten, während südamerikanische Produzenten deutlich günstiger arbeiten können.

Der Widerstand wächst auch auf politischer Ebene. Nach Frankreich und Österreich hat nun auch Polen seine Ablehnung erklärt. Premierminister Donald Tusk bezeichnet das Abkommen in der aktuellen Form als inakzeptabel. Paris und Warschau arbeiten gemeinsam an einer Sperrminorität innerhalb der EU. Eine für diese Woche geplante Reise von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Mercosur-Gipfel nach Montevideo wurde abgesagt.

Die EU-Kommission versucht, die Kritiker zu besänftigen. Ein neu vorgeschlagener Fonds soll europäische Landwirte für negative Auswirkungen des Abkommens entschädigen. Die deutsche Industrie unterstützt den Vertrag und rechnet mit Zolleinsparungen von vier Milliarden Euro. Angesichts der Spannungen zwischen den USA und China sehen Wirtschaftsverbände die Notwendigkeit neuer Handelspartnerschaften.

Umweltschützer warnen vor den ökologischen Folgen. Der WWF dokumentiert bereits jetzt die vollständige Rodung des Cerrado, der zweiten grünen Lunge der Welt neben dem Amazonas, für den Sojaanbau. Greenpeace befürchtet eine weitere Intensivierung der Regenwaldabholzung für Rinderweiden und Futtermittelproduktion.

Georg Reichenbach, Kreisvorsitzender des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands, sieht in dem Abkommen einen “Beschleuniger für die Betriebsaufgaben” in der Region. Der Deutsche Bauernverband fordert eine komplette Neuverhandlung des Agrarbereichs unter Berücksichtigung der europäischen Umwelt- und Tierschutzstandards.

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