Die neue Ära der Handelskonflikte

Welt, 08.11.2024

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Dreifache Belastung für deutsche Exportwirtschaft

Die deutsche Wirtschaft steht nach dem Trump-Sieg und dem parallel eskalierenden EU-China-Konflikt vor einem “Worst-Case-Szenario”. Die USA waren im ersten Halbjahr 2024 mit Waren im Wert von 14,2 Milliarden Euro wichtigster Abnehmer deutscher Exporte, während die deutschen Lebensmittelexporte nach China 2023 bereits auf 1,35 Milliarden Euro gesunken sind.

Die angekündigten US-Zölle von 60 Prozent auf chinesische Waren könnten laut Bloomberg Economics das chinesische BIP-Wachstum um 2,4 Prozentpunkte reduzieren. Parallel droht die EU mit Strafzöllen von bis zu 35 Prozent auf chinesische Elektroautos. Chinas Reaktion erfolgte prompt: Französische Cognac-Importeure müssen nun Kautionen von bis zu 39 Prozent hinterlegen, und eine Untersuchung zu europäischen Milchprodukten und Schweinefleisch wurde eingeleitet.

Besonders die deutsche Automobilindustrie steht unter Druck. Trump kündigte Strafzölle von 100 bis 200 Prozent an, verbunden mit der klaren Forderung nach Produktionsverlagerung in die USA. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) verweist besorgt auf die Rekordfertigung deutscher Hersteller in den USA im vergangenen Jahr.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie warnt zudem vor der Vulnerabilität der Lieferketten. Eine gemeinsam mit PwC durchgeführte Studie zeigt: Bei einem Handelsstillstand mit China wären über 50 Prozent des Umsatzes mit Konserven gefährdet, da China als größter Produzent von Aluminium, Zinn, Stahl und Magnesium eine Schlüsselrolle einnimmt.

DIW-Präsident Marcel Fratzscher prognostiziert: “Trumps Wirtschaftspolitik wird in den USA und weltweit viel Wohlstand vernichten.” Das ifo-Institut rechnet allein durch die angekündigten US-Basiszölle von 20 Prozent auf EU-Importe mit einem Schaden von 33 Milliarden Euro für Deutschland. Die deutschen Exporte in die USA könnten um 15 Prozent einbrechen.

Die Situation wird durch innenpolitische Instabilität verschärft. “Deutschland braucht eine Wirtschaftswende”, mahnt BGA-Präsident Dirk Jandura angesichts des Ampel-Bruchs. Die September-Zahlen bestätigen den Abwärtstrend: Die Industrieproduktion sank um 2,5 Prozent, die Exporte gingen um 1,7 Prozent zurück. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer warnt vor einem “schwierigen Winterhalbjahr, ohne dass es bereits politische Mehrheiten für notwendige Wirtschaftsreformen gäbe.”

Auch die US-Wirtschaft bliebe nicht verschont: Bei weltweiten Vergeltungsmaßnahmen prognostiziert Bloomberg Economics einen US-BIP-Rückgang von 1,3 Prozent bis 2028. Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet mit Gesamtkosten von 180 Milliarden Euro über die kommenden vier Jahre für die deutsche Wirtschaft.

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