
Bio-Betriebe und Milchviehhalter vor dem Aus
Europa, 07.10.2024
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Steigende Kosten, EU-Bürokratie und gescheiterte Hofübergaben bedrohen Existenzen
Immer mehr Bauern sehen sich gezwungen, ihre Betriebe aufzugeben oder auf konventionelle Bewirtschaftung umzustellen. Thomas Konzelmann aus Truchtelfingen steht exemplarisch für diese Entwicklung. Nach 17 Jahren Bio-Landwirtschaft erwägt der Milchbauer die Rückkehr zur konventionellen Produktion. Explodierende Kosten für Betriebsmittel, höhere Erwartungen an Bio-Betriebe und neue Auflagen machen ein wirtschaftliches Überleben nahezu unmöglich.
Die Krise verschärft sich durch die neue EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR). Statt in Zukunftsprojekte zu investieren, müssen Landwirte nun Geld für bürokratische Nachweise ausgeben. Claudia Brück von Fairtrade Deutschland warnt: Viele Bauern könnten sich künftig vom EU-Markt abwenden und ihre Waren anderswo verkaufen.
Auch die Hofübergabe wird zum Albtraum für viele Familien. Der Fall des 40-jährigen Landwirts Andreas zeigt die Dramatik: Trotz Investitionen von 740.000 Euro ist die Übernahme des elterlichen Milchviehbetriebs bereits viermal gescheitert. “Ich könnte mit einem kleinen Köfferchen gehen, obwohl ich das jetzt all die Jahre gemacht habe”, sagt er resigniert.
Die Krise in der Landwirtschaft ist kein auf Deutschland beschränktes Phänomen. Die verheerenden Auswirkungen der wirtschaftlichen Zwänge und politischen Entscheidungen zeigen sich bereits deutlich in anderen Ländern. In Großbritannien beispielsweise ist die Zahl der Milchviehbetriebe seit 2005 von über 20.000 auf etwa 7.100 dramatisch gesunken. Eine Umfrage des Unternehmens Arla Foods offenbart das ganze Ausmaß der Krise: 8,5 Prozent der Erzeuger haben ihre Milchproduktion reduziert und 10,6 Prozent ihren Kuhbestand verkleinert – eine besorgniserregende Entwicklung, die sich auch in Deutschland abzeichnet.
Zwar gibt es einen leichten Anstieg beim Absatz von Fairtrade-Produkten in Deutschland, doch dieser Hoffnungsschimmer wird von der düsteren Realität überschattet. Der Marktanteil von Fairtrade-Kaffee liegt beispielsweise bei mageren fünf Prozent – zu wenig, um die Existenz vieler Landwirte zu sichern.
Experten wie Anne Dirksen von der LWK Niedersachsen raten Betroffenen, offen über Alternativen nachzudenken. Für viele Landwirte könnte das die Aufgabe des Familienbetriebs bedeuten. Die emotionale Belastung ist enorm, professionelle Hilfe oft der letzte Ausweg.
Verbraucher-Initiativen wie der “Fairbruary” versuchen zwar, das Bewusstsein für fair gehandelte Produkte zu stärken. Doch angesichts der übermächtigen Marktkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel und der Preissensibilität der Konsumenten wirken diese Bemühungen wie ein Tropfen auf den heißen Stein.
Die Zukunft der Landwirtschaft steht auf Messers Schneide. Ohne radikale Änderungen in der EU-Politik, faire Handelsbedingungen und eine drastische Umstellung des Verbraucherverhaltens droht der Kollaps eines ganzen Wirtschaftszweigs. Die Folgen für die Lebensmittelversorgung, die Kulturlandschaft und das soziale Gefüge in ländlichen Räumen wären verheerend. Es scheint, als stünde die Landwirtschaft, wie wir sie kennen, vor dem Ende.
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