
Neue Mega-Kraftwerke als Vorbild für den Westen?
Welt, 30.12.2024
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Deutschland könnte zwei Drittel seines Strombedarfs decken – mit nur einem einzigen Kraftwerk
300 Milliarden Kilowattstunden Strom soll das neue Wasserkraftwerk am Yarlung Tsangpo in Tibet jährlich erzeugen. Ein Projekt dieser Größenordnung würde ausreichen, um mehr als die Hälfte des deutschen Stromverbrauchs zu decken, der 2023 bei 457 Milliarden Kilowattstunden lag. Die chinesische Regierung hat nun die Baugenehmigung für dieses Mammutprojekt erteilt, das den bisherigen Rekordhalter, den Drei-Schluchten-Damm, mit seiner dreifachen Leistung deutlich übertreffen wird.
Parallel treibt China den Ausbau der Solarenergie voran. Das neue Kela-Fotovoltaik-Kraftwerk in der Provinz Sichuan, ausgestattet mit mehr als zwei Millionen Solarmodulen auf einer Fläche von 16 Quadratkilometern, wird künftig zwei Milliarden Kilowattstunden Strom für 450.000 Haushalte produzieren. In der tibetischen Präfektur Dêqên entsteht zudem das höchstgelegene Solarkraftwerk der Welt auf 5300 Metern über dem Meeresspiegel.
Der Ausbau erneuerbarer Energien in China folgt dabei einer klaren Notwendigkeit. “Der Kohleverbrauch des Landes war nach Angaben der Internationalen Energieagentur IEA in diesem Jahr auf einen Höchstwert gestiegen”, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua. Chinas wachsende Schwerindustrie, die zunehmende E-Mobilität und der Boom der stromintensiven Künstlichen Intelligenz treiben den Energiebedarf weiter in die Höhe.
Die ambitionierten Projekte werfen jedoch auch Schatten. Das Wasserkraftwerk in Tibet, dessen Baukosten auf 135 Milliarden Euro geschätzt werden, stößt auf massiven Widerstand in den Nachbarländern. Indien und Bangladesch fürchten um ihre Wasserversorgung, da der Yarlung Tsangpo als Brahmaputra durch ihre Territorien fließt und für hunderte Millionen Menschen überlebenswichtig ist. Die indische Regierung erwägt bereits den Bau eigener Wasserkraftwerke als Gegenmaßnahme.
Für Deutschland und Europa bietet Chinas Energiestrategie dennoch wichtige Lehren. Während hierzulande Infrastrukturprojekte oft jahrelang in Planungsverfahren stecken bleiben, demonstriert China, wie der schnelle Ausbau erneuerbarer Energien gelingen kann. Dies gilt besonders für abgelegene Regionen wie Tibet, wo erst 2013 die erste asphaltierte Straße fertiggestellt wurde und heute Kraftwerke von Weltrang entstehen.
Die technischen Herausforderungen sind dabei enorm. Das Kela-Solarkraftwerk musste für extreme Minustemperaturen und schwierige Bodenverhältnisse wie Gletscherschutt konzipiert werden. Diese Pionierarbeit liefert wertvolle Erkenntnisse für künftige Hochgebirgsprojekte weltweit.
Der chinesische Weg zur Energiewende zeigt, dass der Übergang zu erneuerbaren Energien auch in großem Maßstab möglich ist. Dabei werden ökologische Bedenken und geopolitische Spannungen zwar nicht ignoriert, aber dem übergeordneten Ziel der Energiesicherheit untergeordnet. Eine Abwägung, die auch westliche Demokratien in ihrer Energiepolitik zunehmend treffen müssen.
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