Steuerversprechen im Wahlkampf: Zwischen Schuldenpolitik und Haushaltskonsolidierung

Deutschland, 20.12.2024

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Parteien werben mit Milliardenentlastungen – Finanzierungskonzepte bleiben unklar

Die FDP plant Steuerentlastungen von 138 Milliarden Euro, die CDU von 89 Milliarden Euro, die Grünen von 53 Milliarden Euro und die SPD von 30 Milliarden Euro. Diese Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) markieren einen historischen Höchststand an Steuerversprechen im anstehenden Bundestagswahlkampf 2025.

Der Weg zur Finanzierung dieser Entlastungen spaltet die politischen Lager. Während die Grünen unter Robert Habeck für eine Reform der Schuldenbremse plädieren und Investitionen vom grundgesetzlichen Schuldendeckel ausnehmen wollen, setzt die Union auf Kürzungen bei Sozialleistungen. Friedrich Merz will insbesondere beim Bürgergeld und den Flüchtlingskosten sparen sowie durch höheres Wirtschaftswachstum zusätzliche Steuereinnahmen generieren.

Die Grünen haben in ihrem 70-seitigen Wahlprogramm einen bemerkenswerten Kurswechsel vollzogen. Statt wie 2021 nur sechs Milliarden Euro an Entlastungen zu versprechen, planen sie nun das Achtfache. Der Fokus liegt dabei auf Menschen mit geringen und mittleren Einkommen, die durch einen höheren Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer und ein neues Klimageld unterstützt werden sollen. Auch Unternehmen sollen von einer befristeten Investitionsprämie profitieren. “Wer sagt, das erforderliche Geld für Entlastungen sei nur durch Einsparungen im Haushalt zu erwirtschaften, veräppelt das Land”, kritisiert Habeck die Position der Union. Doch auch sein eigener Ansatz steht in der Kritik. Steuerexperte Martin Beznoska vom IW bemängelt, dass den grünen Entlastungsversprechen von 53 Milliarden Euro lediglich Finanzierungsvorschläge von fünf Milliarden Euro gegenüberstehen.

Die FDP setzt in ihrem Programmentwurf auf weitreichende Änderungen im Steuersystem. Der Spitzensteuersatz soll künftig erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 96.600 Euro statt bisher 66.800 Euro greifen. Zudem plant die Partei die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und eine Senkung der Unternehmenssteuern auf 25 Prozent.

Politikexperten warnen vor einer Wiederholung der Situation nach den Koalitionsverhandlungen 2021. Trotz großer Steuerversprechen im Wahlkampf könnte am Ende ein Kompromiss stehen, der weder signifikante Entlastungen noch neue Schulden vorsieht. Dies gilt besonders angesichts der Tatsache, dass sich mehrere Grünen-Bundestagsabgeordnete mittlerweile offen für eine schwarz-grüne Koalition zeigen und damit unterschiedliche finanzpolitische Ansätze aufeinandertreffen könnten.

Eine Analyse der aktuellen Wahlprogramme ergibt, dass es einen allgemeinen Konflikt in der deutschen Finanzpolitik gibt. Obwohl alle Parteien die Notwendigkeit von Entlastungen anerkennen, bleiben die Konzepte zur Gegenfinanzierung unzureichend. Selbst die FDP, die für Steuersenkungen bekannt ist, steht der Kritik von IW-Experten gegenüber, ihre Finanzierungspläne seien nicht realistisch.

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