Renditeeinbruch und Werksschließungen treiben VW-Belegschaft auf die Straße

Deutschland, 02.12.2024

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Konzern plant zehnprozentige Lohnkürzung und setzt voll auf Digitalisierung – Massenstreiks an neun Standorten

Die Kernmarke des VW-Konzerns erwirtschaftet nur noch zwei Prozent Rendite, während Konzerntöchter wie Škoda eine zwei- bis dreifach höhere operative Marge aufweisen. An deutschen Standorten verursacht die Produktion doppelt so hohe Kosten wie bei Wettbewerbern. Diese dramatische Entwicklung führte am Montag zu flächendeckenden Warnstreiks an neun der zehn deutschen VW-Werke.

Mehr als 4000 Mitarbeiter blockierten den Zugang zum Emder Werk. Auch in Wolfsburg, Hannover, Braunschweig, Salzgitter, Kassel-Baunatal sowie in den sächsischen Standorten Zwickau, Chemnitz und Dresden legten die Beschäftigten die Arbeit nieder. Laut Gewerkschaft fallen durch die zweistündigen Streiks in jeder Schicht mehr als tausend Fahrzeuge aus.

Der VW-Vorstand plant einschneidende Sparmaßnahmen. Neben einer zehnprozentigen Lohnkürzung für die 120.000 Beschäftigten steht die Schließung von bis zu drei Werken im Raum. Als gefährdet gelten die Standorte Dresden, Osnabrück und Emden. Die seit drei Jahrzehnten bestehende Beschäftigungsgarantie wurde bereits aufgekündigt.

Das Management hat erste Schritte zur Kostensenkung eingeleitet. Die Zahl der Prototypen wurde 2024 um 40 Prozent reduziert. Die Entwicklungszeit neuer Modelle soll durch verstärkte Digitalisierung und virtuelle Tests von bisher fünf Jahren auf maximal 36 Monate sinken. Zudem will VW nur noch Funktionen in Autos einbauen, die Kunden tatsächlich nutzen.

Die wirtschaftliche Lage des Konzerns verschärft sich durch fehlende Aufträge für 500.000 Fahrzeuge, was der Auslastung zweier kompletter Werke entspricht. VW-Konzernchef Oliver Blume macht jahrzehntelange strukturelle Probleme und zu hohe Arbeitskosten für die Misere verantwortlich.

Die IG Metall hatte einen Kompromissvorschlag mit Einsparungen von 1,5 Milliarden Euro vorgelegt. Die Beschäftigten sollten zwei Jahre auf Lohnerhöhungen und Teile der Gewinnbeteiligung verzichten. Der Vorstand lehnte diesen Plan als unzureichend ab.

Die nächste Verhandlungsrunde findet am 9. Dezember statt. Zuvor wird Konzernchef Blume am Mittwoch vor die Belegschaft in Wolfsburg treten, begleitet von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Sollte keine Einigung erzielt werden, drohen durch einen automatisch greifenden “Schattentarif” weitere Milliardenkosten im kommenden Jahr.

Die Krise belastet auch den Aktienkurs massiv. Die VW-Vorzugsaktie fiel auf den tiefsten Stand seit 13 Jahren, während der DAX 2024 ein Plus von 17 Prozent verzeichnet. Der Konzern kämpft nicht nur mit hohen Produktionskosten, sondern auch mit schwindenden Marktanteilen in China und einer verzögerten Transformation zur E-Mobilität.

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