
Thyssenkrupp: Grüner Stahl wird zum Milliardenrisiko
Deutschland, 07.10.2024
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Kostensteigerungen gefährden das Vorzeigeprojekt der Energiewende
Thyssenkrupp, Deutschlands größter Stahlproduzent, überdenkt seine milliardenschweren Pläne für eine klimafreundliche Stahlproduktion. Trotz zugesagter Fördermittel von zwei Milliarden Euro von Bund und Land drohen Mehrkosten im dreistelligen Millionenbereich. Die für 2027 geplante Direktreduktionsanlage in Duisburg, Aushängeschild der grünen Transformation, steht auf dem Prüfstand.
Konzernchef Miguel López hat eine umfassende Überprüfung angeordnet. Laut Handelsblatt wird in internen Dokumenten sogar ein kompletter Baustopp erwogen. Dies könnte die Rückzahlung bereits geflossener Subventionen von rund 500 Millionen Euro bedeuten – ein herber Rückschlag für den von Wirtschaftsminister Robert Habeck propagierten Wasserstoffhochlauf in Deutschland.
Die Realität holt die grünen Träume ein: Steigende Kosten, technische Herausforderungen und verschärfter globaler Wettbewerb machen die Umstellung auf CO2-arme Stahlproduktion zum Hochrisikoprojekt. Thyssenkrupp Steel Europe prüft nun “technologie- und ergebnisoffen” die wirtschaftlich tragfähigsten Lösungen.
Ein zentraler Streitpunkt ist der Lärmschutz. Thyssenkrupp liegt im Clinch mit dem Anlagenhersteller SMS Group aus Mönchengladbach über die Kostenverteilung. Dieser Konflikt könnte vor einem Schiedsgericht enden.
Ende August eskalierte der Konflikt um die Zukunft des Stahlgeschäfts: Drei Vorstände und vier Aufsichtsräte, darunter Ex-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, traten zurück. Gabriel warf López eine “beispiellose Kampagne” gegen den Stahlvorstand vor. “In dem Konflikt schlägt Macht die Vernunft”, kritisierte er.
Die Krise offenbart die Schwachstellen der deutschen Industrie- und Klimapolitik. Während Milliarden Steuergelder in fragwürdige Transformationsprojekte fließen, kämpfen 27.000 Stahlarbeiter um ihre Jobs. Die Hoffnung ruht nun auf dem tschechischen Milliardär Daniel Křetínský, der bereits 20 Prozent der Stahlsparte hält und auf 50 Prozent aufstocken könnte.
Der Streit zwischen Konzernführung und Stahlsparte dreht sich um die finanzielle Ausstattung für den Weg in die Selbstständigkeit. Die Stahlführung fordert eine großzügige Mitgift, die Konzernspitze setzt auf Verkäufe und Kostensenkungen. Die IG Metall warnt, bei unzureichender Kapitalausstattung könnte die Verantwortung für den Stahl “über kurz oder lang bei der Allgemeinheit abgeladen” werden.
Habeck appellierte, das Unternehmen “schnell in ruhiges und stabiles Fahrwasser” zu bringen. Die Realität sieht anders aus: Der Stahlmarkt ist von Überkapazitäten und Billigimporten geprägt. Die Transformation erfordert Milliardeninvestitionen bei gleichzeitigem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit.
Das Beispiel Thyssenkrupp zeigt eindrücklich, wie ambitionierte Klimaziele mit wirtschaftlichen Realitäten kollidieren. Die entscheidende Frage bleibt: Wer trägt die Kosten für den grünen Umbau der Industrie? Die Antwort scheint klar: Es sind die Arbeitnehmer, die um ihre Jobs bangen, und die Steuerzahler, die für gescheiterte Projekte aufkommen müssen.
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